Haftung des Steuerberaters für die pflichtwidrige Verneinung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung
Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 07.03.2013, IX ZR 64/12, eine Hinweispflicht zum Vorliegen von Insolvenzgründen bei einer allgemeinen steuerrechtlichen Mandatierung verneint. In der Entscheidung vom 06.06.2013, IX ZR 204/12, hat sich der BGH mit der Frage nach der Haftung des Steuerberaters befasst, wenn dieser im Bilanzbericht erklärt, dass eine insolvenzrechtliche Überschuldung nicht vorliege.
Auch hier betont der BGH wieder, dass jeden falls dann, wenn der Steuerberater lediglich mit der allgemeinen steuerlichen Beratung der GmbH beauftragt ist, es grundsätzlich nicht seine Aufgabe ist im Fall einer Unterdeckung in der Handelsbilanz auf die Pflicht des Geschäftsführers hinzuweisen, er müsse eine Prüfung der Insolvenzreife vornehmen oder in Auftrag geben und ggf. einen Insolvenzantrag stellen.
In dem vom BGH zu entscheidenden Fall hatte der Steuerberater im Bilanzbericht erläutert, dass es sich bei dem nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag nur um eine Überschuldung rein bilanzieller Natur handele, weil für die Verbindlichkeiten Rangrücktrittserklärungen vorlägen und der Gesellschaft aufgrund des hohen Anteils an Stammkunden ein hoher Firmenwert innewohne. Damit hat der Steuerberater eine über die steuerrechtliche Beratung hinausgehende Leistung erbracht, auf deren Richtigkeit der Insolvenzschuldner wegen der rechtlichen und wirtschaftlichen Bedeutung vertrauen durfte.
Sodann stellte der BGH klar, dass es in der Regel keinen Anscheinsbeweis dafür gibt, wie sich die Geschäftsführung der Schuldnerin verhalten hätte, wenn die Insolvenzreife festgestellt worden wäre. Bei wirtschaftlicher Betrachtung kämen im solchen Fall Konstellationen unterschiedlicher Maßnahmen in Betracht (Umstrukturierung, Mittelzufuhr), wenn die Sanierungsfähigkeit nicht angesichts der finanziellen Möglichkeiten ihrer Gesellschafter von vornherein ausgeschlossen sei.
Bisher wenig diskutiert ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob ein Steuerberater bei der Bilanzerstellung in der Krise Buchwerte oder Zerschlagungswerte anzusetzen hat. Buchwerte kommen nur bei einer positiven Fortführungsprognose in Betracht von der auszugehen ist, sofern dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen. Es besteht nach dem Wortlaut des Gesetzes eine konkrete Prüfpflicht – jedenfalls soweit Anhaltspunkte für Bedenken an der Fortführungsfähigkeit des Unternehmens bestehen. Ein Steuerberater muss in diesem Fall auf einer Klärung von möglichen Insolvenzgründen bestehen und bis dahin darauf verweisen, dass der Jahresabschluss nicht erstellt werden kann. Erweitert der Steuerberater allerdings – wie vorliegend seinen Aufgabenbereich und nimmt die Prüfung des Vorliegens von Insolvenzgründen selbst vor – so muss er auch für die Fehlerhaftigkeit des Ergebnisses haften.