Insolvenzarbeitsrecht: Insolvenzverwalter nach Freigabe der selbständigen Tätigkeit nicht mehr der richtige Klagegegner
BAG vom 21.11.2013, AZ: 6 AZR 979/11
Der Arbeitnehmer war beim Schuldner, der als Einzelunternehmer einen Kurier- und Kleintransportbetrieb führte, als Kraftfahrer beschäftigt. Der Schuldner kündigte am 15.05.2010 das Arbeitsverhältnis, am 20.05.2010 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und einen Tag später gab der Insolvenzverwalter die selbständige Tätigkeit des Schuldners aus der Insolvenzmasse nach § 35 Abs. 2 InsO frei. Der Arbeitnehmer erhob am 01.06.2010 beim Arbeitsgericht Klage gegen den Insolvenzverwalter und wollte festgestellt wissen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht fristlos, sondern ordentlich beendet wurde.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, mit der Begründung, dass der Insolvenzverwalter nach Freigabe der selbständigen Tätigkeit nicht mehr passiv legitimiert sei, d. h., nicht mehr der richtige Beklagte sei.
Die Revision des Arbeitnehmers hatte vor dem 6. Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers geht auch die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die bestehenden Arbeitsverhältnisse auf den Insolvenzverwalter über. Eine Kündigungsschutzklage muss dann auch gegen den Insolvenzverwalter in seiner Eigenschaft als Partei kraft Amtes gerichtet werden.
Gibt der Insolvenzverwalter aber die selbständige Tätigkeit des Schuldners, wie hier, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus der Insolvenzmasse frei, fällt die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die zu diesem Zeitpunkt bereits begründeten Arbeitsverhältnisse an den Schuldner zurück.
Ab dem Wirksamwerden der Freigabeerklärung ist also der Schuldner und nicht der Insolvenzverwalter passiv legitimiert. Richtiger Beklagter der Kündigungsschutzklage wäre daher der Schuldner gewesen.
Christian Hausherr
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht